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Lutherische Theologie und Kirche, Heft 02/2023


Lutherische Theologie und Kirche, Heft 02/2023

ganzes Heft als eJournal

von: Christoph Barnbrock, Tobias Graßmann, Jorg Christian Salzmann, Achim Behrens, Christian Neddens, Gilberto da Silva, Armin Wenz

12,00 €

Verlag: Edition Ruprecht
Format: PDF
ISBN/EAN: 9783846996461
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 68

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Zu akademischen Gepflogenheiten gehören üblicherweise Antritts- und Abschiedsvorlesungen. Während erstere schon im 15. Jahrhundert gepflegt wurden, sind letztere erst viel später »erfunden« worden – was eigentlich erstaunlich ist, denn hier hat der scheidende Professor noch einmal die Gelegenheit Grundsätzliches und Wichtiges festzuhalten, was für ihn oder sie in der Lehre von Bedeutung war.
Das aktuelle Heft der LuThK wird eröffnet durch die Abschiedsvorlesung, die Prof. Dr. Jorg Christian Salzmann am 16. Juli 2021 an der Lutherischen Theologischen Hochschule Oberursel (LThH) hielt. Salzmann, der nach dem Studium zunächst 1983–1988 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Kirchengeschichte und patristische Theologie in Göttingen und 1990–1997 Pfarrer in Kassel war, wurde 1997 als Professor für Altes Testament an die LThH berufen, wo er 2005 auf die Professur für Neues Testament wechselte. Dieses Fach unterrichtete Salzmann bis zu seiner Pensionierung 2021. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen frühchristlicher Gottesdienst, Verhältnis von Altem und Neuem Testament und Schriftauslegung in der Alten Kirche. Genau diesem Schnittfeld widmet sich nun auch die Abschiedsvorlesung von Jorg Salzmann, in der er seine biblisch-theologischen Studien unter der Überschrift zusammenfasst: »Was ist neu am Neuen Testament?« Das Neue ist, so der Oberurseler Neutestamentler, im Wesentlichen die neue Gottesbeziehung, die Gott durch Jesus Christus ein für alle Mal eröffnet hat. Mit dieser alles erneuernden Tat, in der sich Gott auf neue Weise zu erkennen gibt, erweise sich Gott doch zugleich als derselbe, treue Gott Israels. Aus christlicher Sicht gehören damit die alttestamentlichen Schriften untrennbar zur christlichen Bibel, so das Fazit Salzmanns.
Ein weithin unbearbeitetes Feld der kirchen- und theologiegeschichtlichen Forschung, das gleichwohl ausgesprochen gegenwartsrelevant ist, wird im zweiten Beitrag dieses Hefts gewissermaßen in Pionierarbeit erschlossen. Dr. Tobias Graßmann ist Pfarrer der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern und arbeitet derzeit an seiner Habilitationsschrift. Promoviert wurde er mit einer Neuinterpretation der lutherischen Bekenntnishermeneutik unter dem Titel »Richtschnur und Lebensmittel« (Göttingen 2022). In seinem Aufsatz »Gegen alle ›Verächter des weiblichen Geschlechts‹« untersucht Graßmann nun, wie Autoren des spätreformatorischen Luthertums eine theologisch motivierte gendertheoretische Perspektive in ihren Schriften einnehmen. Was zunächst kurios erscheinen mag, erweist sich als theologisch ausgesprochen erhellend und höchst differenziert. Graßmann gelingt es nachzuweisen, dass Autoren des konfessionellen Luthertums wie Martin Luther, Johann Mathesius, Andreas Musculus oder Cyriacus Spangenberg von ihrer Glaubensüberzeugung her konstruktiv die Frage nach Geschlechterrollen und Geschlechterverhältnissen bearbeitet haben. Die behutsam differenzierende Herangehensweise Graßmanns eröffnet ein aspektreiches Feld von geschlechtsspezifischer Frömmigkeit bis zu einer Theologie der Geschlechter im Luther-tum der frühen Neuzeit. Erkennbar wird, wie diese Theologen die Geschlechterfragen nicht vom Biologischen und vermeintlich Natürlichen, sondern von den biblischen Texten her in den Blick nehmen und von Genesis 1 und 2 her die gleiche Würde der Geschlechter und ihre wechselseitige Angewiesenheit hervorheben – und zwar gegen misogyne philosophische und theologische Konzeptionen ihrer Zeit. Der Aufsatz verdeutlicht einmal mehr, wie erhellend Quellenlektüre – gerade auch der orthodoxen Väter – sein kann.
Ausgesprochen praktisch wird es im dritten Beitrag dieses Heftes, wenn Dr. Christoph Barnbrock, Professor für Praktische Theologie an der LThH, nach den Kriterien fragt, was eigentlich eine »gute Predigt« ausmache. Barnbrock gibt hier nicht nur denen, die predigen, sondern auch denen, die hören, hilfreiche Ratschläge an die Hand, die er mit zahlreichen Beispielen aus der Literatur, insbesondere aus Luthers Predigtlehre und Predigtpraxis, lebendig werden lässt. Dabei skizziert er zunächst sechs theologische Grundüberlegungen einer konfessionell lutherischen Homiletik, bevor er acht Hilfen zur handwerklichen Gestaltung von Predigten vor Augen führt. Erkennbar wird bei alldem, was für eine hohe menschliche Kunst das Predigen und Predigthören darstellt, in welcher menschlichen Kunst sich aber Gott selbst wirkmächtig und unverfügbar zur Sprache bringen will und zur Sprache bringt. Dem entspreche auf Seiten des Predigers die Grundhaltung der Demut, die Begrenztheit der eigenen Möglichkeiten realistisch in den Blick zu nehmen und immer wieder von neuem als Bittsteller vor Gott um das rechte Wort in der rechten Situation zu bitten.
(aus dem Editorial von Schriftleiter Christian Neddens)